Wer schon einmal in einem Theater war, der weiß, dass dort Stücke gespielt werden, die ein Autor zuvor geschrieben hat, dass die Schauspieler immer und immer wieder proben, bis dem Regisseur jede Szene gefällt und dass jede Aufführung, was den Inhalt, also die Dialoge und die Geschichte, das Bühnenbild und in aller Regel auch die Schauspieler betrifft, mehr oder weniger gleich ist. Doch es gibt auch eine Form von Theater, das weder vorgefertigte Texte noch Regisseure hat – das Improvisationstheater, oder kurz Improtheater. Hier wird nicht geprobt, sondern improvisiert – das Gespielte entsteht meist auf Zuruf durch das Publikum, das einen Vorschlag macht oder eine bestimmte Szene sehen möchte. Die Schauspieler entwickeln daraufhin – jeder für sich und alle zusammen – die Dialoge und die Handlung. Und was im Theater das Orchester oder die Musikkonserve ist, ist beim Improtheater ein Musiker, der seine Musik meist am Klavier zu dem improvisiert, was er gerade auf der Bühne sieht. Was sich so modern anhört, ist bereits aus der Antike bekannt. Allerdings hat diese Form des spontanen Theaters gegenüber der sich ebenfalls seit der Antike entwickelnden, heute als klassisches Theater bekannten Tradition nach und nach an Bedeutung verloren, sodass die neue Wertschätzung für Spontaneität und Improvisationstalent auf der Bühne fast einer Wiedergeburt gleichkommt. Das Improtheater, wie wir es heute kennen, ist Mitte des 20. Jahrhundert in den USA entstanden. Diese frühe Form gab vor allem Satirisches und Gesellschaftskritisches zum Besten. Verschiedene Nachahmer nahmen diese Ideen zwar auf, doch für einen großen Durchbruch dieser Gattung hat es im alten Jahrtausend dann doch nicht mehr gereicht. Dafür hat das Prinzip des Improtheaters gerade in den letzten Jahren einen wahren Siegeszug angetreten, was nicht zuletzt daran liegt, dass es durch die Möglichkeiten der neuen Medien längst nicht mehr nur auf eine reale Theaterbühne beschränkt ist. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von kürzeren und längeren Formen und Formaten, die auf dem Prinzip des improvisierten Spielens von Szenen und kleinen Stücken basieren. So stehen die weithin beliebten Impro-Shows meist unter einem bestimmten Motto und präsentieren verschiedene Szenen zu diesem Thema. Auch das sportliche Element kommt beim Improvisieren nicht zu kurz: Längst haben sich verschiedene Formen von Wettstreiten zwischen Gruppen oder ganzen Mannschaften entwickelt, bei denen es immer darum geht, dass eine der Gruppen vom Publikum als Sieger im Improvisieren gekürt wird. Ebenfalls sehr beliebt sind Krimis, bei denen das Publikum, in Anlehnung an die interaktiven Krimisendungen im Fernsehen, entscheidet, wer der Mörder ist. Und schließlich gibt es auch die sehr beliebten Soaps als Impro-Variante, die auf mehrere Folgen angelegt ist. All diesen Formen gemeinsam ist, dass das Publikum einen wesentlichen Einfluss auf den Inhalt und die Darstellung der Szenen und Stücke hat; umgekehrt macht gerade diese aktive Beteiligung der Zuschauer nicht nur den Reiz, sondern auch den Erfolg der improvisierenden Unterhaltungsformen aus.